Philipp Furtwängler: Ein „Mechanicus“ aus dem Schwarzwald
Philipp Furtwängler wurde am 6. April 1800 in Gütenbach (Schwarzwald) als drittes von elf Kindern des Frachtfuhrmannes und Bauern Bartholomäus Furtwängler und dessen Ehefrau Helene Dold geboren. Er war ein Bruder des Theologen und Altphilologen Wilhelm Furtwängler und ein Großonkel des gleichnamigen Dirigenten Wilhelm Furtwängler. Die Schauspielerin Maria Furtwängler (*1966) ist die Großnichte und Stiefenkelin des Dirigenten Wilhelm Furtwängler.
In jungen Jahren erhielt Philipp Furtwängler eine Ausbildung zum Uhrmacher bei seinem älteren Bruder Johann. Er betrieb Handel mit Schwarzwälder-Uhren. Mit 20 Jahren ging er auf Wanderschaft, fand 1822 in Elze seine neue Heimat und heiratete am 22. Mai 1828 Christine Heuer. Von größter Bedeutung war für ihn der 19. November 1828, als der bis dahin streng katholisch erzogene Furtwängler zum evangelischen Glauben konvertierte. Bereits 1830 bezog er sein Wohnhaus mit Werkstatt neben dem Schul- und Rathaus (heute Hauptstr. 63). Platzmäßig reichten diese Gebäude nicht mehr aus. Furtwängler errichtete daher 1865, an der Bahnhofstraße/ Ecke Gerberstraße, ein Wohnhaus mit Stallungen, Scheune sowie eine Fabrik für den Bau von Orgeln und Uhren.
Die Ehe mit Christine Heuer währte bis zu ihrem Tod (19. Mai 1844) und war gesegnet mit fünf Kindern. Die Söhne Wilhelm und Pius machten ihre Ausbildung im väterlichen Betrieb als Orgelbauer. Die zweite Ehe schloss Furtwängler am 21. Januar 1845 mit Luise Ebeling (geb. am 3. April 1808) – diese Ehe blieb kinderlos. Phillip Furtwänglers Kräfte verstarb am 5. Juli 1867 in Elze.
Er war handwerklich, mathematisch, technisch, musikalisch sehr begabt, brachte sich die akribischen Kenntnisse im Orgelbau autodidaktisch selber bei, wusste als „Mechanicus“ und Uhrmacher die Störungen an der Orgel zu beheben- entdeckte dabei seine „Bestimmung für den Orgelbau.“ Bereits im Jahr 1823 bekam Philipp Furtwängler von der Stadt Elze erstmals ein Jahressalär von sechs Reichstaler für die Aufsicht und Wartung der Turmuhr der evangelischen St. Peter- und Paulkirche.
1826 baute Furtwängler zwei orgelähnliche Musikinstrumente, die er als Panphoneterion, bzw. Orphoneon bezeichnete. Erstmals ist seine Tätigkeit als Orgelbauer am 30. Mai 1836 mit dem Magistrat der Stadt Gronau über die Wiederherstellung der schadhaften Orgel in der St. Matthäi-Kirche (Kosten: 157 Rtlr., 24 Mgr. und 5Pfg.) bezeugt. Sein bisher ältester Orgelumbau konnte für Amelsen bei Kreiensen (sieben Register/ 378 Pfeifen) ermittelt werden. Den ersten Orgel-Neubau (10 Register/ 548 Pfeifen) erhielt 1839 die Kirche des ehemaligen Augustinerklosters Wittenburg (bei Elze).
Philipp Furtwängler baute anfangs seine Orgeln nur in dörflichen Pfarrgemeinden südlich von Hannover, konnte bereits 1842 seine Geschäftsverbindungen in viele Städte des Königreichs Hannover erweitern. Unter anderem baute er Orgeln in seiner heimischen Region für die Kirchengemeinden Hoyershausen, Gronau (1860 seine größte Orgel; 57 Register/ 3596 Pfeifen), Banteln, Brüggen, Eime, Poppenburg, Wülfingen, Benstorf, Schloss Marienburg (Schlosskapelle), Nordstemmen, Rheden, Lamspringe, auch in Göttingen, Münder, Eldagsen, Verden, Uelzen, Rotenburg, Lüneburg, Buxtehude (1859 sein zweitgrößtes Werk; 50 Register/ 3072 Pfeifen), Hamburg, Bardowick (Dom) und Bremerhaven. Sein besonderes Herzensanliegen war der Bau einer Orgel und Kirchturmuhr für seine Heimatgemeinde Gütenbach (Schwarzwald). Mitte der 1850er-Jahre beschäftigte er 15 bis 20 Arbeitskräfte, die jährlich drei bis fünf Orgeln sowie bis sieben Turm- und Bahnhofsuhren herstellten.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1867 fertigte Philipp Furtwängler mit seinen Söhnen (laut Produktionsbuch) 71 Orgel-Neubauten, reparierte 15 Orgeln (Opus-Nr.: 1 bis 85) und bearbeitete nachweislich weitere 15 Orgelwerke, die nicht in dem Produktionsbuch enthalten sind. Wilhelm und Pius Furtwängler führten die Orgelbaufirma „Ph. Furtwängler und Söhne“ bis 1883 in Elze weiter. Über 200 Orgeln wurden in der gesamten Zeit von 1838 bis 1883 in Elze hergestellt oder bearbeitet.
Kurzchronik: Furtwängler Orgelbau-Werkstatt von 1838 bis heute:
Philipp Furtwängler, Elze (1838-1854),
Philipp Furtwängler & Sohn, Elze (1854 – 1862),
Ph. Furtwängler & Söhne, Elze (1862 – 1883),
Pius Furtwängler, Adolf Hammer „P. Furtwängler & Hammer, Hannover“ (1883 – 1892),
Adolf Hammer, „Orgelbau Adolf Hammer, Hannover“ (1892 – 1921),
Walter Hammer, Orgelbau Walter Hammer, Hannover (von 1921 – 1937),
Emil Hammer, „Emil Hammer- Orgelbau, Hannover (1937 – 1958),
Christian Eickhoff weiter „Emil Hammer, Orgelbau, Hannover (1958 – 2007),
Firma Oberlinger Orgelbaugesellschaft, Reichenstein (2007 – 2011),
Georg und Malgorzata Schloetmann, E. Hammer, Hannover (ab 2011).
Text: Dieter Schütte, Stadtheimatpfleger Gronau (Leine)